Illustrator Christoph Niemann"Ich muss selbst über das Ergebnis lachen"
Zwei Bananen ergeben ein Pferdchen, ein Kamm wird zum Kühlergrill: Illustrator Christoph Niemann stellt Alltagsgegenstände in völlig neuen Kontext. Ein neuer Bildband zeigt die schrägen Mixturen.
Ein Interview von Carola Padtberg-Kruse
SPIEGEL ONLINE: Herr Niemann, seit ihren "Sunday Sketches" denke ich an Mücken, wenn ich meine verhedderten Kopfhörer sehe.
Christoph Niemann: Es freut mich, wenn ich Sehgewohnheiten verändern kann.
SPIEGEL ONLINE: Sie zeichnen um Alltagsgegenstände herum - und geben Kopfhörern oder Mohnbrötchen einen völlig neuen Kontext. Wie entstehen diese Ideen?
Niemann: Das Objekt gibt vor, wohin die Reise geht - statt dass ich mich frage, wie ich eine Idee in einer Illustration umsetze. Das Ergebnis ist dann manchmal für mich selbst überraschend. Die künstlerische Schwierigkeit liegt darin, sich frei zu machen, sich nicht voreingenommen für eine bestimmte Richtung zu entscheiden.
SPIEGEL ONLINE: Sind das spontane Eingebungen?
Niemann: Nein, es braucht Zeit und Konzentration. Die Bilder der Serie entstehen durch ganz subtile Winkel und Perspektiven, wenn man das Objekt auch nur fünf Millimeter dreht, funktioniert das Bild nicht mehr. Hätte ich etwa ein anderes Paar Socken aus dem Schrank genommen, wäre kein Tyrannosaurus heraus gekommen. Manchmal muss ich am Ende selbst über ein Bild lachen, wie über das Bananenpferdchen.
SPIEGEL ONLINE: Was passiert beim Betrachter, wenn Sie ihm zeigen, dass eine Muschel manchmal aussieht wie ein Sonnenhut?
Niemann: Es geht um das Zusammensetzen von bereits vorhandenen Dingen. Die Zeichnung an sich ist unspektakulär, und das Objekt auch. Ich erzähle nichts Neues mit meinen Bildern, aber im Kopf des Betrachters entsteht eine neue Verbindung. Das löst irgendwie Freude aus.
SPIEGEL ONLINE: Sie sagen über sich, Sie seien "ein ewiger Elfjähriger". Glauben Sie, dass die Fähigkeit zur freien Assoziation mit dem Alter verloren geht?
Niemann: Nein. Aber wir sind von standardisierten Bildern geprägt, von denen wir uns nur schwer lösen können. Dass die Dinge anders aussehen als diese symbolhaften Bilder, einen anderen Winkel und andere Farben haben, nehmen wir gar nicht wahr. Dafür muss man sehr genau hinschauen.
http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/illustrator-christoph-niemann-man-sollte-immer-zweifeln-a-1123479.html
Ein Interview von Carola Padtberg-Kruse
SPIEGEL ONLINE: Herr Niemann, seit ihren "Sunday Sketches" denke ich an Mücken, wenn ich meine verhedderten Kopfhörer sehe.
Christoph Niemann: Es freut mich, wenn ich Sehgewohnheiten verändern kann.
SPIEGEL ONLINE: Sie zeichnen um Alltagsgegenstände herum - und geben Kopfhörern oder Mohnbrötchen einen völlig neuen Kontext. Wie entstehen diese Ideen?
Niemann: Das Objekt gibt vor, wohin die Reise geht - statt dass ich mich frage, wie ich eine Idee in einer Illustration umsetze. Das Ergebnis ist dann manchmal für mich selbst überraschend. Die künstlerische Schwierigkeit liegt darin, sich frei zu machen, sich nicht voreingenommen für eine bestimmte Richtung zu entscheiden.
SPIEGEL ONLINE: Sind das spontane Eingebungen?
Niemann: Nein, es braucht Zeit und Konzentration. Die Bilder der Serie entstehen durch ganz subtile Winkel und Perspektiven, wenn man das Objekt auch nur fünf Millimeter dreht, funktioniert das Bild nicht mehr. Hätte ich etwa ein anderes Paar Socken aus dem Schrank genommen, wäre kein Tyrannosaurus heraus gekommen. Manchmal muss ich am Ende selbst über ein Bild lachen, wie über das Bananenpferdchen.
SPIEGEL ONLINE: Was passiert beim Betrachter, wenn Sie ihm zeigen, dass eine Muschel manchmal aussieht wie ein Sonnenhut?
Niemann: Es geht um das Zusammensetzen von bereits vorhandenen Dingen. Die Zeichnung an sich ist unspektakulär, und das Objekt auch. Ich erzähle nichts Neues mit meinen Bildern, aber im Kopf des Betrachters entsteht eine neue Verbindung. Das löst irgendwie Freude aus.
SPIEGEL ONLINE: Sie sagen über sich, Sie seien "ein ewiger Elfjähriger". Glauben Sie, dass die Fähigkeit zur freien Assoziation mit dem Alter verloren geht?
Niemann: Nein. Aber wir sind von standardisierten Bildern geprägt, von denen wir uns nur schwer lösen können. Dass die Dinge anders aussehen als diese symbolhaften Bilder, einen anderen Winkel und andere Farben haben, nehmen wir gar nicht wahr. Dafür muss man sehr genau hinschauen.
http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/illustrator-christoph-niemann-man-sollte-immer-zweifeln-a-1123479.html